Regenerative Bionik ist kein Begriff - sie ist (eine) Bewegung.

Haltung macht erst dann Sinn, 
wenn sie Bewegung ermöglicht.

Bis dato sind wir zwei Vereinsvorstandsmitglieder, die sich um die Gesundheit unseres Planeten sorgen und uns selbst oft genug in der Erstarrung wieder finden. Unter anderem darum, um der immer wieder anklopfenden Solastalgie (das mit Umweltangst verbundene Gefühl, nirgends mehr heimisch zu sein) entgegenzuwirken, haben wir unseren Verein ins Leben gerufen.

Ich persönlich (Martin) halte Paul Feyerabend für aktueller denn je. Dazu später mehr, wobei hier "später" zeitlich gemeint ist. Was zu unserer Haltung gehört, ist, uns selbst immer wieder daran zu erinnern, dass wir und das, was wir (er)schaffen, ein Artwork in Progress sind. Wundere dich also nicht, wenn in vielleicht ein paar Wochen etwas anderes unter "Philosophie" zu lesen ist. Steigen wir jetzt aber in die Frage ein, was wir mit Regenerativer Bionik meinen.

Regenerative Bionik x 3 (mindestens)

1. Regeneration in seiner Dimension von Rekuperation und Wiederverwendung

Ansonsten weggeworfenes Holz, altes landwirtschaftliches Werkzeug, Fahrradteile, brach liegende Solar- und Windanlagen oder ein ausgedienter Campingbus namens Raupo aus den 70ern... Das alles und noch mehr dient uns als Ausgangsstoff für kleine und größere bewegliche und unbewegte Kunstwerke, Bionikbaukästen, Entwürfe, Modelle bis hin zu funktionierenden Erfindungen aus dem Reich technisch nachempfundener Veranschaulichungen des Lebendigen.

Größer gedacht: Wie kann eine heilsame Gestaltung der Zukunft aussehen, wo eigentlich alles auf Wirtschaftswachstun aufbaut? Ist unser Ansatz überhaupt überlebensfähig, wenn er nicht den üblichen Vorgaben von Markttauglichkeit und Effizienz entspricht? Wie kann es gelingen, sich mehr an ökologischer Effizienz (anstatt an ökonomischer) zu orientieren? Geht das überhaupt, ohne Maß und Ziel zu tüfteln, also auch außerhalb der Kunst? Obwohl: ein wesentliches Ziel verfolgen wir schon: verbliebenen Naturgeheimnissen näher zu kommen.

2. Regeneration als Rekreation der Psyche und des Sozialen

Durch die gemeinschaftliche und zugleich individuelle Beschäftigung mit Vorgängen, die wir in der Natur vorfinden, verbinden wir uns wieder mit uns selbst, mit unserem Umfeld und auf kreative, also schöpferische Weise mit dem, was uns zunehmend Angst macht: mit dem Verlust, oder vielleicht auch nur dem vagen, aber nicht zu leugnenden Gefühl der Gestörtheit unserer Lebensgrundlagen. Schauen wir uns zum Beispiel Wasser in seiner mystischen, erzählerischen, transzendentalen Dimension an und versuchen wir ihm in manchen seiner Bewegungsgeheimnisse und sonstigen erstaunlichen Erscheinungsformen nachzuspüren, dann regt das unweigerlich etwas Archaisches und Tiefgründiges in uns an. Das geht viel weiter als Wasser als chemisches Element H2O, als ausbeutbaren Lieferanten von Potentialenergie für angeblich saubere Wasserkraft zu begreifen und auch viel weiter als drei oder mittlerweile auch vier Aggregatszustände zu definieren.

Regenerativ meint also hier so etwas wie individuelle und kollektive Heilung durch ein Rückbeziehen auf und Nachempfinden von etwas, was unser aller Leben erst ermöglicht. Oder eben auch ein schmerzhaftes Hinschauen darauf und die daraus erwachsende kreative Beschäftigung damit, was Lebensprozesse zunehmend verunmöglicht - und in Zukunft wieder vermehrt ermöglichen soll.

3. Regeneration der Ökosysteme und des Technik- und Wirtschaftbilds

Dass der Mensch in seinem unaufhörlichen technischen und kulturtechnischen Fortschreiten massiv in das labile Gleichgewicht in immer mehr und bislang unberührte Habitate bis zu deren Zerstörung eingreift, ist Anlass genug, den Kopf in den Sand zu stecken und vor lauter Schreck so zu tun, als ob eh schon alles wurscht sei.

Nicht mit uns. Wir sind immer wieder der verzeifelten Zuversicht ausgeliefert, dass der allgemeine Zerstörungsspieß noch umgedreht werden kann. Die Selbstheilungskräfte der Natur sind enorm. Mindestens so enorm ist unsere Anmaßung, uns vorzustellen, wie Techikverwendung in Zukunft und auch jetzt schon ausschauen kann, dass sie die Sebstheilungskräfte der Natur zusätzlich unterstützt. Wie? Vorerst durch das vorstellungsgemäße und vielleicht teilweise nur ästhetische und nicht funktionelle technische Nachempfinden natürlicher Bewegung, Strukturen, Vorgänge. Und wenn es "nur" die Nachwuchs-Regenerationsbionikerin dazu inspiriert, sich auf den Weg zu machen...

Es geht um etwas viel Größeres als um Return On Investment; bei uns zählt der rROI, der regenerative Return On Inventions, egal wie wenig (oder vielleicht auch viel) Kohle oder Ansehen die Erfindung dem Investor bringt.

Und praktisch, also greifbar und beispielhaft?

Ja, es gibt bereits Beispiele für Regenerative Bionik, die Hoffnung machen. Möglicherweise fällt Euch gleich auf Anhieb eines ein. Für heute lasse ich euch aber nur die zwei Stichwörter da:

Selbstheilender Beton und Instream River Training

Zum Greifen nah: Unser im Entstehen begriffener Bionik Park Tulln. Eine Eingangsinstallation zum Türöffnenmit Namen "anything?flows" (Paul Feyerabend, Heraklit und anderen zum Gruß) gibt es bereits.